Gruppendynamik und Gruppenpsychotherapie als Methode
Die Fachsektion Gruppendynamik und Dynamische Gruppenpsychotherapie (GD.DG) betreibt Forschung und Ausbildung in den Bereichen Gruppendynamik und Gruppenpsychotherapie. Durch Namen wie Raoul Schindler gilt die Fachsektion GD.DG innerhalb und außerhalb des ÖAGG als zentrale Wegbereiterin der Gruppendynamik und Gruppenpsychotherapie in Österreich.
Gruppendynamik
Gruppe ist mehr
Der Begriff Gruppendynamik geht auf Kurt Lewins Feldtheorie (1939) zurück und bezeichnet die in der Gruppe nach innen und außen wirksam werdenden Kräfte, die Veränderungen verursachen oder einer Veränderung Widerstand leisten. Forschungsgegenstand ist das Gruppenleben selbst. Seit den 1940er Jahren etablierte sich Gruppendynamik ausgehend von den USA als Forschungsfeld und Anwendungsbereich innerhalb der Sozialpsychologie.
Heute bezeichnet Gruppendynamik sowohl das aktuelle beobachtbare Geschehen in Gruppen, die Dynamik von Veränderung und Kontinuität, als auch die wissenschaftliche Erforschung solcher Prozesse. Ebenso steht der Begriff für ein Verfahren sozialen Lernens, einer Praxis sozialen und organisatorischen Handelns (König & Schattenhofer, 2006). Gruppendynamisches Erfahrungslernen führt zur Kenntnis der Eigengesetzlichkeit sozialer Systeme auf unterschiedlichen Komplexitätsebenen und fördert soziale Kompetenz.
- das Phänomen der Dynamik der Kräfte innerhalb einer Gruppe,
- die Wissenschaft dieser Phänomene unter Zuhilfenahme von sozialpsychologischen, soziologischen und tiefenpsychologischen Konzepten und Theorien,
- die methodische Umsetzung gruppendynamischer Verfahren um soziales Lernen in Gruppen, Teams und Organisationen zu fördern.
Wissen und Methoden der Gruppendynamik finden in verschiedenen Berufsfeldern Anwendung: in Prävention, Pädagogik und Erwachsenenbildung, Sozialarbeit, Wirtschaft und Politik, Beratung, Organisationsentwicklung und therapeutischer Arbeit.
Die Arbeitsschwerpunkte richten sich nach den Anforderungen des jeweiligen Berufes, sind also feld- und funktionsbezogen anwendbar. Gemeinsam ist Gruppendynamiker:innen: Sie übernehmen Aufgaben in der Steuerung von Entwicklungsprozessen, die die Handlungsalternativen für Personen, Gruppen und Organisationen erweitern können.
Arbeitsschwerpunkte können beispielsweise sein:
- Arbeit mit Projekt-, Lern- und Arbeitsgruppen
- Beratung institutioneller Veränderungsprozesse
- Konfliktbearbeitung
- Steuerung und Moderation von Gruppen u.a.m.
Downloads, weiterführende Informationen
Dynamische Gruppenpsychotherapie
Jede Person ist eine Gruppe
Menschen werden in eine soziale Welt geboren. Wir leben, wachsen und entwickeln uns in Gruppen (Familie, Peergroup, Institution…). Unsere bewussten und unbewussten Bedürfnisse und Konflikte entfalten sich in Beziehungen und richten sich ein Leben lang an das soziale Gegenüber der Gruppe. Vor dem Hintergrund der Grundannahme lebenslänglicher sozialer Eingebundenheit, die auch wirksam bleibt, wenn wir einsam oder isoliert sind, wird die Gruppe als eigenes Therapieinstrument genutzt.
Die Entwicklung der Methode Dynamische Gruppenpsychotherapie (DG) ist eng verbunden mit Raoul Schindler. Sein Interesse galt dem Studium der Gruppendynamik von Familienstrukturen und Gesellschaftsformen im Hinblick auf krankmachende oder die Gesundheit fördernde Wirkung. In der klinischen Arbeit mit psychotischen Patient:innen entwickelte Schindler die Bifokale Gruppen- und Familientherapie (1952), sowie das Modell der Rangdynamik (1956). Aus dieser Verbindung sozial- und tiefenpsychologischer Theorien entstand ein eigenständiges, interpersonelles psychotherapeutisches Verfahren, die Dynamische Gruppenpsychotherapie. Inhaltliche Bezüge finden sich zu anderen psychodynamisch, interaktionell ausgerichteten Gruppenmethoden.
- ist eine vom Bundesministerium anerkannte wissenschaftlich psychotherapeutische Methode, die in den letzten 40 Jahren im ÖAGG entwickelt wurde,
- bildet die Synthese von sozialpsychologischen und tiefenpsychologischen Konzepten;
- gruppenpsychotherapeutische, psychoanalytische und kommunikationstheoretische Konzepte sowie gruppendynamische Methoden ergeben ein ganzheitliches und integrativ orientiertes psychotherapeutisches Verfahren, das den Entwicklungsprozess von Gruppe und Einzelperson in ihrer Wechselwirkung nützt.
Die Gruppe als eigenes Therapieinstrument bietet mit ihren vielfältigen Angeboten zur Übertragung und Rollengestaltung im aktuellen Beziehungsgeflecht, durch Wiederinszenierung von Konfliktdynamiken optimale Möglichkeiten psychosoziale Reifung zu unterstützen. Ziele im Einzel-, Paar- und Gruppensetting sind Förderung von Autonomie und Selbstgesundung sowie eine Entwicklung hin zu verbesserter Beziehungs- und Kommunikationsfähigkeit.